Adams Apfel und Evas Erbe by Meyer Axel

Adams Apfel und Evas Erbe by Meyer Axel

Autor:Meyer, Axel [Meyer, Axel]
Die sprache: deu, fra
Format: epub
Herausgeber: C. Bertelsmann
veröffentlicht: 2015-08-24T16:00:00+00:00


»Beachmaster« und das Bateman-Prinzip

Den universellen Unterschied in der Varianz beim Fortpflanzungserfolg zwischen den Geschlechtern einer Art nennt man in der Evolutionsbiologie das Bateman-Prinzip, nach dem Genetiker Angus J. Bateman, der dies vor über 70 Jahren zum ersten Mal experimentell an Fruchtfliegen gezeigt hatte (Abb. 9.1). Frauen können in ihrem Leben lediglich eine durch ihre eigene Reproduktionsbiologie begrenzte Anzahl von Kindern zur Welt bringen, denn Eizellen sind erheblich größer als Samenzellen, und Weibchen, insbesondere bei Säugetieren, investieren typischerweise sehr viel mehr in den Nachwuchs als Männchen durch Ernähren des Nachwuchses vor (Plazenta) und nach der Geburt (Stillen). Dieser fundamentale Unterschied zwischen den Geschlechtern aller Arten – letztlich die Basis dessen, was als weiblich und was als männlich definiert wird – zieht, was die Biologie und Psychologie der Geschlechter betrifft, einen ganzen Rattenschwanz an Konsequenzen nach sich. Schon Charles Darwin hatte dies bemerkt und zum Thema seines zweiten großen Buches, The Descent of Man (1871), gemacht.

Bei See-Elefanten ist der Unterschied im Fortpflanzungserfolg zwischen Männchen und Weibchen besonders stark ausgeprägt und auch besonders gut untersucht. Die wenigen sehr starken Bullen, die »Beachmaster« (Strandmeister), schaffen es im Frühjahr, ein paar hundert Quadratmeter Strand zu besetzen und sie gegen andere Bullen zu verteidigen. Sie liefern sich blutige Kämpfe, denn es geht um Kopulationen und Gene in der nächsten Generation – den Sinn des Lebens zumindest für einen See-Elefanten. Die meisten der jüngeren und schwächeren Männchen sind nicht stark genug, um ein Stück Strand zu behaupten. Fortpflanzungswillige Weibchen kommen zuhauf an den Strand eines solch dominanten Strandmeisters und paaren sich dort mit ihm. Auf diese Weise können – frei nach dem Motto »The winner takes them all« – nur sehr wenige Männchen Dutzende Weibchen begatten, während die große Mehrheit der See-Elefanten leer ausgeht: Sie schaffen es nicht, den dominanten Bullen zu vertreiben und selber Beachmaster zu werden, und lungern brünftig und frustriert vor dem Strand im Wasser herum. Sie werden sich ein Leben lang nie fortpflanzen. Abbildung 9.1. zeigt nach Fortpflanzungserfolg sortiert die besten Bullen und Kühe von je 140 Männchen und Weibchen einer See-Elefantenkolonie. Unter den See-Elefantenbullen schafften es nur zehn von 140, überhaupt Nachkommen zu zeugen. Die stärksten fünf Bullen zeugten jeweils zwischen 20 und 90 See-Elefantenbabys. Sie schafften dies in nur einer oder zwei Saisonen, solange sie stark genug waren, ihren Harem zu verteidigen. Um das achte Lebensjahr herum haben sie bis zu 3,5 Tonnen Gewicht erreicht und können sich dann in den Kämpfen am besten durchsetzen. Danach sind sie zu schwach und werden vom nächsten, meist jüngeren Beachmaster verdrängt.



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